Piemonteser Fleischrind

Die Herden von Judith Lambrich befinden sich während der Sommermonate auf den Weiden in der hohen Vulkaneifel, die in diesem Jahr wie eine Steppenlandschaft aussieht.

Fotos: R. Schneichel

Artikel der Rheinischen Bauernzeitung vom 03.09.2022

Judith Lambrichs Herz schlägt für die Zucht und Haltung von Piemontesern. Ihr Biobetrieb liegt in Engeln bei Kempenich auf den Höhen der Vulkaneifel. Sie setzt bei der Tierhaltung konsequent auf hohes Tierwohl, was sich in der Fleischqualität widerspiegelt. Ramona Schneichel, Mayen, hat sie besucht.

Judith Lambrich (Jahrgang 1985), bewirtschaftet den elterlichen Hof in Engeln seit dem Jahr 2013 gemeinsam mit ihrer Mutter Marianne und ihrem Lebensgefährten Stefan Spitzley. Bereits seit dem Jahr 2014 wird der Betrieb nach zweijähriger Umstellungsphase gemäß EU-Biorichtlinien geführt. „Das Wohlbefinden unserer Mutterkühe, Kälber und Masttiere, die regionale Erzeugung von Rindfleisch in bester Qualität sowie die Direktvermarktung der eigenen Produkte sind die Grundlagen unserer betrieblichen Philosophie“, sagt die gelernte Pferdewirtin.

Als Weide und für die Erzeugung des Winterfutters stehen rd. 115 ha Grünland zur Verfügung. Der Viehbestand umfasst derzeit 125 Tiere, darunter 40 Mutterkühe und die beiden Deckbullen Lars und Nepomuk. Die Mast der Piemonteser auf dem über 500 m hoch gelegenen Betriebsstandort erfolgt extensiv. Kraftfutter, hier ein 18/3er Milchviehergänzer, kommt nur zum Anlocken zum Einsatz.

Gutes Wachstum auch auf kargen Standorten

Trotz der insbesondere in diesem Jahr verdorrten Grünlandflächen, die aussehen wie eine Steppenlandschaft, wachsen die Masttiere gut heran. „Piemonteser sind aufgrund ihrer Herkunft sehr gut für die Weidehaltung geeignet. Sie sind gute Futterverwerter, auch auf kargen Standorten. Um ihren Energiebedarf zu decken, erhalten unsere Tiere in diesem trockenen Sommer zusätzlich Heu und Silage über Futterraufen“, sagt Judith Lambrich.

Wichtig ist zudem die Versorgung mit frischem Wasser. „Mein Vater, der leider viel zu früh im Jahr 2016 verstorben ist, hat bereits im Jahr 2002 einen Weidetränkeverband gegründet. Daher haben wir fast überall Weidetränken. Wenn wir das Wasser zu den verschiedenen Herden auf teils entlegene Standorte fahren müssten, wäre das ein enormer Arbeitsaufwand.“

Der Weideauftrieb erfolgt je nach Wetterlage Anfang bis Mitte Mai. Stefan Spitzley, der selbst einen Ackerbaubetrieb in der Nachbarschaft bewirtschaftet, ist nicht nur dann mit im Einsatz. Er unterstützt seine Lebensgefährtin tatkräftig bei allen Arbeitsgängen, genau wie Judith Lambrichs Mutter Marianne.

Wenn es im Spätherbst draußen nasskalt wird, ziehen die Tiere wieder ins Winterquartier auf dem Aussiedlerhof. Dort kalben die Mutterkühe von Dezember bis Mai ab. Im Winter bekommen die Tiere im Stall ausschließlich Grundfutter von den eigenen Flächen.

Die Kälber werden im Alter von 8 – 9, maximal 10 Monaten abgesetzt. Ein Teil der weiblichen Rinder geht in die Mast, ein anderer dient der Bestandsergänzung. Zudem werden 6 – 8 Tiere pro Jahr als Zuchtrinder an andere Betriebe vermarktet. „Wichtig ist mir beim Verkauf, dass die Tiere zu Landwirten kommen, die eine ähnliche Philosophie wie unsere haben.“

Die männlichen Mastrinder bilden nach dem Absetzen eine eigene Herde, bis sie ihre Schlachtreife erreicht haben. Die Bullen sind dann 20 – 24 Monate alt und wiegen rd. 360 kg am Haken. Ein hoher Ausschlachtungsgrad zeichnet die Rasse Piemonteser aus. Bei Intensivmast können laut Angaben des Piemonteser-Zuchtverbandes Werte von 65 – 70 % erreicht werden.

Die weiblichen Tiere werden im Betrieb Lambrich ca. 30 – 36 Monate alt, bevor sie zur Schlachtung in das nur 10 km entfernte Oberzissen transportiert werden, wo ein Metzger mit Biozertifizierung und eigenem Schlachthaus ansässig ist. Die Rinderhälften hängen 10 Tage ab, bevor sie zurück nach Engeln kommen. Auf dem Hof von Familie Lambrich ist dann samstags ab 5 Uhr Zerlegetag im betriebseigenen Kühlanhänger mit Kühlraum. Unterstützung bekommen Lambrichs von einem Metzger.

„Wir schlachten nicht im Voraus, sondern nach Bestellliste“, sagt Judith Lambrich. Ab Hof können die Kunden Rindfleisch in Paketen von 10 kg bis hin zu einem Viertel, Achtel oder einem halben Rind bekommen. „Das ist aber eher die Ausnahme. Viele Verbraucher kaufen heutzutage kleinere Mengen. Die Vorratshaltung in der Kühltruhe, wie wir sie von früher kennen, ist nicht mehr so weit verbreitet.“

Inzwischen gibt es viele Stammkunden von nah und fern, die die Qualität des Piemonteserfleischs schätzen. „Intramuskuläres Fett sorgt für Saftigkeit. Ansonsten ist der Fettanteil vergleichsweise gering. Die Muskulatur ist kurzfaserig, wodurch der Fleischsaft beim Kochen oder Grillen erhalten bleibt. Das Fleisch ist sehr zart“, erklärt Züchterin Lambrich die Vorzüge der Rasse. Doch auch Suppenfleisch komme trotz des geringeren Fettgehalts
bei den Kunden gut an.

Die Qualität der Piemonteser aus Engeln hat sich herumgesprochen. Familie Lambrich gehört schon seit vielen Jahren zu den festen Größen der Piemonteserzucht in Rheinland-Pfalz und über die Grenzen des Bundeslands hinaus. Das Augenmerk liegt vor allem auf der artgerechten Haltung und Fütterung der Tiere sowie auf einem sorgsamen Umgang mit der besonderen italienischen Rasse.

Betriebsleiterin Lambrich wünscht sich, dass der Landwirtschaft und der Nutztierhaltung wieder mehr Wertschätzung in der Gesellschaft entgegengebracht wird. Persönlich wird sie ihren Weg der regionalen Erzeugung von hochwertigen Lebensmitteln weitergehen.

Weniger Rohstoff in deutschen Molkereien verarbeitet

Den Molkereien im Bundesgebiet wurde im ersten Halbjahr 2022 weniger Kuhmilch für die Herstellung von Molkereiprodukten angeliefert als im
Vorjahreszeitraum. Laut Daten der Bundesanstalt für Ernährung und Landwirtschaft (BLE) ging das Gesamtaufkommen um rd. 240.000 t oder 1,5 % auf 16,15 Mio t zurück.

Für das kleinere Rohstoffangebot war ausschließlich die geringere Andienung von konventionell erzeugter Kuhmilch der heimischen Milchbauern verantwortlich. Diese fiel mit 15,03 Mio t um 332.180 t oder 2,0 % kleiner aus als in der ersten Jahreshälfte 2021. Dagegen nahmen die Anlieferungen von Biomilch erneut zu, und zwar um 17.040 t oder 2,6 % auf 664.440 t. Die aus dem Ausland an deutsche Molkereien gelieferte Milchmenge legte im Vorjahresvergleich deutlich zu, und zwar um 75.150 t bzw. 19,7 % auf 456.030 t.

Laut den BLE-Daten ist der Rückgang des konventionellen Milchaufkommens in der ersten Jahreshälfte in Ostdeutschland – relativ gesehen – mit 3,3 % deutlich stärker gewesen als in Westdeutschland mit 1,9 %. Andererseits war der Zuwachs bei der Andienung von Biomilch in den alten Bundesländern mit 2,9 % höher als der im neuen Bundesgebiet mit 0,5 %.

Die meiste konventionelle Milch wurde der Bundesanstalt zufolge in Niedersachsen mit 3,56 Mio t verarbeitet. Das war ein knapp stabiles Ergebnis im Vergleich zur entsprechenden Vorjahresperiode. Bayern rutschte damit auf den 2. Rang bei der Milcherfassung des konventionellen Rohstoffs. Im Freistaat gingen die Anlieferungen – gemessen am Bundesmittel – überdurchschnittlich um 3,0 % auf 3,49 Mio t zurück.

Die Nase vorn im Bundesgebiet behielt Bayern jedoch bei der Verarbeitung von Biomilch mit 328.800 t. Gegenüber dem ersten Halbjahr 2021 entsprach dies einem Zuwachs von 5,0 %. In Baden-Württemberg war entgegen dem Bundestrend die Anlieferung von Ökomilch in den Molkereien um 0,2 % auf 92.030 t rückläufig. In Hessen einschließlich Rheinland-Pfalz und dem Saarland ging die Andienung der Biomilch laut BLE sogar um 3,1 % auf 52.240 t zurück.

Eine besondere Rasse

Die Rasse Piemonteser gilt als die einzige europäische Rinderrasse, die als Vorfahren auch Zebus haben soll. Das Kerngebiet der Zucht liegt südlich von Turin im Piemont. Heutzutage werden Piemonteser ausschließlich als Fleischrinder gezüchtet und gehalten.

Die Rinder sind mittelgroß, langgestreckt und insbesondere im Nacken, im Schulterbereich und an der Keule sehr gut bemuskelt. Trotz ihrer starken Bemuskelung gelten sie als feinknochig. Sie sind hellgrau bis gelblich-weiß und haben dunkle Pigmente, z. B. rund um die Augen.

Das Fleisch von Piemontesern ist feinfaserig, saftig und schmackhaft. Daher ist es bei vielen Verbrauchern und in der Gastronomie sehr beliebt.

Judith Lambrich führt den Biobetrieb in Engeln in der Vulkaneifel seit dem Jahr 2013.
Piemonteser sind gute Futterverwerter und kommen auch auf kargen Standorten zurecht.
Bis zu einem Alter von durchschnittlich 8 - 9 Monaten bleiben die Kälber bei ihren Müttern.
Der Viehbestand umfasst derzeit 125 Tiere, darunter 40 Mutterkühe und die beiden Deckbullen.
Die männlichen Mastrinder bilden nach dem Absetzen eine eigene Herde, bis sie ihre Schlachtreife erreicht haben.
In diesem trockenen Sommer werden die Tiere über Futterraufen mit zusätzlich Heu und Silage gefüttert.

Eine besondere Rasse

Die Rasse Piemonteser gilt als die einzige europäische Rinderrasse, die als Vorfahren auch Zebus haben soll. Das Kerngebiet der Zucht liegt südlich von Turin im Piemont. Heutzutage werden Piemonteser ausschließlich als Fleischrinder gezüchtet und gehalten.

Die Rinder sind mittelgroß, langgestreckt und insbesondere im Nacken, im Schulterbereich und an der Keule sehr gut bemuskelt. Trotz ihrer starken Bemuskelung gelten sie als feinknochig. Sie sind hellgrau bis gelblich-weiß und haben dunkle Pigmente, z. B. rund um die Augen.

Das Fleisch von Piemontesern ist feinfaserig, saftig und schmackhaft. Daher ist es bei vielen Verbrauchern und in der Gastronomie sehr beliebt.